die liebesgabe

1995

Installation mit Motor, Feuer, Zeitung, Projektion

“Die Liebesgabe” wurde produziert anläßlich der Ausstellung “Territoires occupes – Kunst-Konversion” 1995 des Frac Metz/Frankreich, kuratiert von Beatrice Josse. Ursprünglich geplant für die Vauban Festung in Bitche, Frankreich, wurde die Installation in Montmedy gezeigt.

Die Idee, über die kollektive Rache an Frauen zu arbeiten, kam mir durch Erzählungen meines Vaters. Er erinnerte sich an junge, deutsche Männer, welche deutsche Frauen entführten, die sich auf die Soldaten des Gegners einliessen, um ihnen die Haare zu scheeren. Bei den Recherchen über diese Form der Strafe fand ich sehr viele Berichte aus Frankreich, wo genauso wie in Deutschland diese Handlungen aus der Besatzungszeit tabuisiert werden.

Die Arbeit besteht aus einer Maschine, welche von mir gedruckte Zeitungen verbrennt. Auf diesen Zeitungen ist die Geschichte des Haareschneidens als Strafe dokumentiert – von der Edda über mittelalterliche Quellen bis hin zu einem Bericht meines Vaters. Die Besucher können während des Betriebs der Maschine die Zeitungen lesen und erleben, wie sich kurz vor der Schale mit dem Feuer ein Bild auf der Zeitung konkretisiert (eine Frau, die sich durch die Haare fährt), um dann die Vernichtung der Geschichten im Feuer zu erleben.

Der Titel “die Liebesgabe” erinnert an die Geschenke, welche Soldaten gemacht wurden, die an die Front gingen. Die Arbeit wurde ausgestellt in einer Vauban-Festung in Nordfrankreich anlässlich einer Ausstellung über Frauen in den Besatzungsgebieten. Diese Arbeit soll verstanden werden als hommage an Frauen, welche in Zeiten den Kriegs die Fronten missachten.

Quellen

Thors hausfrau ist Sif, die haarschöne göttin, die mit goldener lockenfülle prangt, wie das feld im schmuck der goldenen kornähren. Ihr goldhaar ist ein werk der zwerge. Loki hatte einst tückischer weise der Sif ihr haupthaar abgeschnitten. Thor wollte ihm alle knochen zerschlagen, aber Loki versprach den schaden zu ersetzen. Er fuhr zu den zwergen, Ivaldis söhnen, und diese verfertigten für Sif einen neuen goldenen haarschmuck, der wie anderes haar wuchs.

aus: “Die Edda”, Altnordische Mythologie S. 58, Hrg. von Hermann Lüning, Zürich 1859

Als Sommergöttin deutet man gewöhnlich Sif, die Gattin des Donnergottes. …Sifs schönes, langes Haar schnitt Loki [Gott des Feuers] ab, und die Zwerge mußten ihr deshalb ein neues goldenes fertigen. Man sieht darin das Getreide, das beim Reifen als ein anderes erscheint wie im grünen Halm, bezogen … auf das Gelben des grünen Pflanzenschmuckes überhaupt. Glaublicher scheint mir, dass Sif hier als Gewittergöttin gedacht ist. Die Blitze werden ihrem Haar verglichen, das ein feindlicher Gott ihr im Gewitter raubt, worauf die blitzschmiedenden Zwerge ihr ein neues fertigen müssen(4).
(4) Mannhardt Mythenforschungen S. 85 sah in dem Abschneiden des Haars der Sif den Versuch Lokis, die Sonnenstrahlen zu verbergen.

aus: Die deutschen Frauen in dem Mittelalter, Bd. I, S. 33 von Karl Weinhold, Wien 1882

Es geschah hernach, er verliebte sich in ein Weib im Bachtal Sforek,ihr Name war Dlila.Die Tyrannen der Philister fuhren zu ihr hinauf und sprachen zu ihr: Betöre ihn und ersieh,wodurch seine Kraft so groß ist wodurch wir ihn übermögen, daß wir ihn binden können, ihn niederzubeugen, und dir wollen wir selber geben, jedermann tausend und hundert Silberstücke …er sprach zu ihr: Ein Messer ist über mein Haupt nicht gefahren, denn ein Geweihter Gottes bin ich vom Mutterleibe an: würde ich geschoren, meine Kraft wiche von mir, schwach würde ich, gleich würde ich allem Menschenvolk. … Sie schläferte ihn auf ihren Knien ein, … und ließ die sieben Strähnen seines Hauptes abscheren: sie begann seine überwältigung, seine Kraft wich von ihm.

aus: Altes Testament, Richter 16,4ff, übersetzt v. Martin Buber