Interaktive Möbel für den Öffentlichen Raum
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Idee
Fernfühler beleben den öffentlichen Raum und bringen Gestalt und Gestaltung in das Bewusstein der Öffentlichkeit. Fernfühler können auch spielen, da sie mit anderen Fernfühlern verbunden sind und diese (bzw. die Menschen, die auf ihnen sitzen) in ihrem Verhalten beeinflussen können.
Das stadtplanerische Interesse ist es, den urbanen Raum zu beleben und – anstatt eine feste Architektur der Bestuhlung öffentlicher Plätze anzubieten – bewegliche Sitzgruppen zur Verfügung zu stellen, welche miteinander kommunizieren und dabei eine optimale Verteilung der Elemente im Raum ausprobieren. Anstatt einer Planung von oben kommt hier ein “bottom up” Ansatz zum Tragen, der die Benutzer in der Gestaltungsprozess mit einbezieht.
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Installation
Fernfühler sind frei platzierbare Sitzmöglichkeiten. Die Sitze sind modular und können zu Ensembles zusammengeschoben werden oder einzeln stehen. Sie können zu Raumteilern mutieren oder wieder einfach Sitze sein.
Zudem spüren sie, was andere Sitze machen bzw. die Menschen, die auf ihnen sitzen. Und sie können auf das reagiern, was andere tun. Sie sind robust, kostengünstig und unprätentiös. Sie mögen gerne die Gesellschaft von Menschen, denn sie bewegen sich immer in Richtung von Personen.
Sie können hören. Wenn man sie ruft, kommen sie. Sie halten sich gerne in der Nähe eines Tisches auf, in den ein Touchscreen eingelassen ist.
Alles, was die Fernfühler tun, ist auf einem grossen Touchscreen sichtbar. Dort kann man mit einer Netzstruktur spielen, über die die Fernfühler verbunden sind. Man kann die Bahnen der Hocker auf dem Platz steuern.
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Konzept
Exkurs
Ist die programmierte Kunst eine Weiterentwicklung der Konzeptkunst? Arbeiten von Dan Graham (“Poem Schema”, 1966 – 1969) oder Sol Lewitts Wall drawings legen diese Vermutug nahe. Konzepte wurden als formales System formuliert und – im Falle von Sol Lewitt – als Handlungsanweisung an einen Handwerker übergeben, der sich um die Ausführung z.B. einer Zeichnung auf einer Wand kümmerte.
Programme, die wir heute schreiben, suchen nicht den Handwerker, sie sind Interface, Dienstleistung, vielleicht sogar Vergnügen. In jedem Falle machen sich heute die Programmierenden mehr Gedanken um diejenigen, die diese Programme ausführen. So ist “software art” schlussendlich ein Ereignis zwischen Programmierer und Anwender.
Die Installation Fernfühler findet sich – ohne Absicht – nahe bei der Ästhetik Sol Lewitts “Serial Project #1” oder “Serial Project ABCD” wieder. Programmierung braucht auch heute noch streng formale Systeme, um funktionieren zu können. Dinge müssen vergleichbar sein, um dem Computer zu erlauben, Vergleiche, Unterscheidungen und Entscheidungen treffen zu können. Da die Welt des Computers noch viel viel kleiner ist als die unsere, muss man dem Computer eine vereinfachte Wirklichkeit anbieten. Sonst versteht er sie nicht.
Die Benutzung der Besucher und Passanten wird das ausgangs geordnete Erscheinungsbild der “Fernfühler” aufbrechen. Dabei können die Besucher die Objekte selbst bewegen und Lehnen ausklappen. Ihre Position können sie remote auch über eine zentrale Steuerung (mittels Touchscreen) nach eigenem Gutdünken ändern und – einem deus ex machina gleich – eingreifen; oder sie überlassen die Fernfühler sich selbst, und zwar ihrem “bottom up” – selbstordnenden, autonomen Organisationsprinzip.
Eine (nicht zu üppige) Anzahl von Fernfühlern besiedeln einen Platz.
Fernfühler sind intelligent. Es sind Möbel, die mit Rollen und einem Antrieb versehen sind. Sie können also sich eigenständig bewegen. Sie werden, sobald Menschen auf dem Platz auftauchen, sich in die Nähe der Menschen begeben, denn mit Mikrophonen horchen sie nach deren Stimmen.
Nun kann man Platz nehmen auf den Hockern, man kann Gruppen bilden oder alleine bleiben. Dadurch, dass Fernfühler vorangig dorthin gehen, wo Menschen sind, wird die Möblierung des Platzes der Struktur des Ortes entsprechen und sie verstärken. Nun könnte man sich also auf den Platz setzen und beobachten, wie die Sitze wandern, wie Menschen auf sie reagieren. Man könnte auch versuchen, mit Rufen die Sitze anzulocken. Ohne weitere Eingriffe lernen die Sitze ihren Aufenthaltsort von den Menschen auf dem Platz.
Wem es zu langweilig wird, dem automatischen Treiben der Hocker zuzuschauen, der kann auf einem in einen Tisch eingelassenen Touchscreen spielen. Auf dem Bildschirm sieht man eine Netzstruktur mit Punkten an jedem Knoten. Jeder Fernfühler auf dem Platz stellt ein Knoten dieses Netzes dar. Das Netz verbindet alle Fernfühler und legt sich gleichzeitig wie eine Haut über den Platz. Nun wird es verschiedene Möglichkeiten geben, über das Verändern der Grafik das Verhalten der Fernfühler auf dem Platz zu bestimmen.
Sinn der Installation ist es, den öffentlichen Raum für (junge) Menschen attraktiver zu machen. Mit dem Angebot der vernetzten Sitzgelegenheiten erleben sie den Platz als eine variable Stätte jenseits stabiler Architektur. Zudem können sie sich selbst als Regisseur am Touchscreen versuchen, indem sie über die Raumverteilung der Möbel das Passantenverhalten beeinflussen können.
Spielplatz als mögliche Testumgebung:
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Hocker
Die Hocker bewegen sich auf Rollen, wenn man sich auf sie setzt, stehen sie auf ihrem Rahmen, der sich federnd auf den Boden aufsetzt.
Jeder Hocker ist gleichzeitig Knoten in einem virtuellen Netz, das alle Hocker verbindet. Die Knoten des Netzes sind “Neuronen”, sie lernen von Signalen, die die Hocker sozusagen empfangen. Hier sind die Geräusche und die Benutzung (Sitzen) der Hocker die Signale, die das neuronale Netz füttert. Leuchtdioden im Inneren der Hocker zeigen den Erregungszustand des Hockers im neuronalen Netz an (farbiges oder weisses Licht).
Jeder Hocker hat einen Controller, an welchen ein Microphon und ein Drucksensor angebunden ist. Der Drucksensor vermeldet, ob jemand auf dem Hocker sitzt, das Microphon nimmt Umgebungsgeräusche, gefiltert auf menschliche Stimmen wahr. Melden diese Sensoren Aktivität, so “lernt” der Hocker diese Position als “positiv”. Das Netzwerk (eine emergente Selbst-Organisierenden Merkmalskarte, “ESOM”) seinerseits verbindet alle Hocker und somit alle Aktivitäten des Platzes miteinander. Dafür hat jeder Controller ein Funkmodul, mit welchem es seinen Zustand an andere Hocker schicken kann. Jeder Hocker, der sehr aktiv ist, zieht andere Hocker in seine Nähe. So herrscht eine stete Bewegung auf dem Platz mit der Tendenz der Verdichtung an Orten, die von Besuchern bevorzugt werden.
Prototyp eines Fahrgestells aus Akkuschraubern mit drei Rädern und LED’s zur Anzeige der Funktion im neuronalen Netz:
Die gewählte Form des neuronalen Netzes (Kohonenkarte) hat die Tendenz, sich an Stellen hoher Aktivität zu verdichten. Durch eine Art “Spiel” wird innerhalb der “SOM” eine räumlich zirkulierende Aktivität erzeugt, die die Energien in einem abgeschlossenen Raum (hier der öffentliche Platz) verteilt.
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Das Spiel
Betritt ein Besucher den Ausstellungsbereich, so wird er benachrichtigt, dass er sich im
Einzugsbereich der Fernfühler befindet und eine Software zum Download bereit steht.
Über diese Software kann sich der Besucher mit dem Spiel verbinden und bekommt ein
Bild auf den PDA, welches den Ort der Fernfühler repräsentiert und ermöglicht, sie mit
Impulsen zu stimulieren.
Man kann über das Berühren der Bildschirmfläche die Hockerlandschaft in mehrfacher
Weise beeinflussen:
- Man stimuliert das neuronale Netzes durch Berühren der Knoten. Hierüber erlernen die Spieler das Funktionieren von selbstlernenden Systemen (sie regeln langsam nach, reagieren nicht sofort, haben Nachbarschaftsregeln). Sie erleben sich selbst, sitzend auf den Hockern, als Teil einen Netzwerkes.
- Man kann Hocker direkt plazieren, indem man Knoten des Netzes (virtuell) herausnimmt und woanders hinsetzt. Dadurch bricht die Struktur des Netzes auf und bedingt ein Nachregeln, wobei deutlich wird, daß Eingriffe von aussen nur temporäre „Störungen“ sind und langfristig die Ortsstruktur und die Gewohnheiten der Passanten die Oberhand „gewinnen“.
- Man kann das System in seinen Ursprungszustand zurückversetzen (reset) und bringt die Knoten/Hocker an ihre ursprüngliche Position zurück. Die Hocker bewegen sich dann so lange, bis sie gleichmässig über den Platz verteilt sind
Variantionen der Raumordnung:
Autoren:
Ursula Damm und Matthias Weber (Dipl. Informatiker)
Links: