U-Bahnhof Schadowstrasse

2016

TURNSTILE – eine Installation für die U-Bahn Station Schadowstrasse Düsseldorf

Turnstile, generative Installation von Ursula Damm (Foto Thomas Mayer)

Auf der Stirnwand des U-Bahnhofs Schadowstrasse zeigt eine LED Wand ein generatives Video. Vor dieser Wand strebt ein Lichtschacht an die Platzoberfläche, wo eine Videokamera aufgebaut ist. Diese Kamera filmt unablässig Passanten auf dem Platz und leitet das Bild an eine eigens entwickelte generative Software (programmiert von Felix Bonowski), die aus den Bewegungsspuren der Passanten geometrische Vorschläge für Konstruktionen ableitet. Diese Interpretationen des Echtzeitvideos entwerfen neue Geometrien für den Ort, schlagen Achsen und Parzellen vor. Zwei Aufzüge rechts und links des großen Videobilds führen vom Platz auf den Bahnsteig. Dort kann man eine Soundinterpretation (komponiert von Yunchul Kim) der geometrischen Konstruktionen hören.

Turnstile, Ursula Damm, Schadowstrasse Düsseldorf 2016 (Foto by Thomas Mayer)

Zwei Aufzüge, rechts und links vom LED-Screen, führen vom Platz oben auf die Ebene der Strassenbahnschienen.

Zentrum der künstlerischen Intervention ist das Videobild mit seinem Konzept.Dieses Konzept findet sich auch in der Gestaltung der Wände der Schnitträume wieder. In das blaue Glas des U-Bahnhofs sind an 21 Stellen Platten eingefügt, welche Geometrien über Stadtteilen von Düsseldorf aufzeigen.

Die generative Video-Installation interpretiert Bewegungspuren, die Ihrerseits „Agenten“ erzeugt. Die Aktivität dieser geometrischen Agenten wird in Töne übersetzt: große Polygone, welche kleine Polygoninseln miteinander verbinden, werden entsprechend ihrer Symmetrie in Töne übersetzt. Diese Töne stellen also das Geräusch dar, das die virtuellen Agenten in ihrer synthetischen Welt erzeugen.


Auf dem Bahnsteig kann man die erzeugten Geometrien als Klanginterpretation hören (Sonifikation von Yunchul Kim). Im Zentrum der künstlerischen Intervention ist das Videobild und sein künstlerisches Konzept. Das Konzept führt die Musterzeichnungen im Zugangsbereich des U-Bahnhofs weiter. Im Zugangsbereic sind in die blauen Glasscheiben der Wände an 21 Orten Luftbilder von markanten Orten Düsseldorfs eingelassen, die durch geometische Muster interpretiert werden.

Musterzeichnungen über Bewegungsspuren von Passanten, Schadowstrasse, Düsseldorf., Foto Achim Kukulies

In der östlichen Zwischenebene ist ein Luftbild der Stadt Düsseldof, die als Gesamtansicht geometrisch interpretiert wurde. 

Geometric pattern generation on the spacial structure of Duesseldorf

Als Excerpt dieses Luftbildes werden 16 Nachbarschaften aus Düsseldorf interpretiert. Diese urbanen Siedlungsformen werden beschrieben mit regulären polygonen als Energiezentren, die sich konfiguriert haben durch die urbane Entwicklung  der Stadtarchitektur (siehe auch den Text zur Mustergenerierung).

Die feine Struktur der Muster setzt dem massiven Bauwerk die Sensibilität der Natur, aber auch der menschlichen, gestalterischen Geste gegenüber und ruft eine Form des Gestaltens in Erinnerung, die durch symbiotische Organisation von vielen Einzelelementen und -energien großräumige Zusammenhänge erzeugt. Damit vollzieht diese Gestaltung das Prinzip des Sozialen, bei welchem das Individuum seine Auswirkung auf das Ganze erfahren kann. 


In der Verteilerebene Ost findet sich das Luftbild der Stadt Düsseldorf, das entsprechend des geometrischen Konzepts analysiert wurde.

Der Entwurf der Musterzeichnungen geschieht in langsamen Schritten: Zunächst erfolgte eine Linienzeichnung über dem Stadtbild. Dabei sollten wichtige Bewegungsachsen von Verkehr und Passanten hervorgehoben werden. Die von den Achsen eingeschlossenen Flächen werden zu Polygonen. Nun folgt ein Untersuchen von Winkeln der Linien und Achsen, auf der Suche nach ganzzahligen Brüchen von regulären Polygonen. …

Das kleinste, alle Symmetrien vor Ort integrierende Polygon (beispielsweise bei Bruchstücken von 5-Ecken und 4 Ecken wäre das ein 20-Eck) wird dann zur Beschreibung der Kreuzung herangezogen.

In einem weiteren Schritt wird nun nach Verbindungen (Netzwerk)zwischen den großen Polygonen in der Nachbarschaft gesucht.

Es ergab sich bei der Arbeit an den Luftbildern, dass die Innenstand sehr kleinräumige Polygone aufweist, während Aussenbezirke deutlich großräumiger strukturiert sind. Verdichtung lässt sich also an kleinteiligen Vielecken und komplexen Symmetrien ablesen. Häufig kann auch der Übergang von nicht-vierecken zu Vierecken auf historische Brüche im Stadtbild hinweisen. So stellen diese Interpretationen Untersuchungen dar über die Siedlungs- und Planungsgeschichte der Stadt.

Die Soundinstallation:

Die generative Video-Installation interpretiert Bewegungspuren, die von geometrischen „Agenten“ erzeugt wird. Die Aktivität dieser Agenten wird in Töne übersetzt, den visuellen Artefakten folgend. Der Sound ist somit wie das Geräusch, das die virtuellen Artefakte in ihrer Welt generieren und stellt eine erweiterte künstlerische „Wirklichkeitsebene“ der Installation dar.

Das PROGRAMM

  • wähle einen Ort (Ursprung)
  • bestimme die Bewegungsachsen von Personen und Verkehr
  • schaue, ob diese Achsen in Winkeln zueinander stehen, die durch Spiegeln und Drehen ein Polygon bilden, das sich nach allen Seiten gleichmässig ausdehnt
  • zeichne dieses Polygon, um die natürliche Geometrie des Ortes nährungsweise zu bestimmen
  • schaue, ob ausgehend von diesen, dem Ort eigenen Geometrien, eine Flächenstruktur (Parkettierung) möglich ist, die die Ursprungsgeometrien rhythmisch wiederholt.
  • untersuche, ob und wie im Luftbild des Ortes vorhandene Areale sich in die gefundene Geometrie des Ortes einfügen
  • verstärke vorhandene Strukturen durch Entwicklung ihrer Geometrien
  • verbinde vorhandene Strukturen in die Logik der Ursprungs-Geometrie
  • schaue in die Umgebung: wie können Orte miteinander vernetzt werden über Einsatz von geometrischen – also mathematisch beschreibbaren – Generierungsschematas?
  • Welche Proportionen bauen diese Geometrien zueinander auf?

Konzept: Ursula Damm
Programmierung: Felix Bonowski
Sound: Yunchul Kim

Artikel zur Herstellung des Kunstwerks

Text von Georg Trogemann über den Besuch der Eröffnung

official website Stadt Düsseldorf