The outline of paradise (sustainable luminosity, video)

2012

Luciferin sorgt bei Glühwürmchen für ein Licht, das in seiner Intensität und seinem Nutzungsgrad
jeder technischen Leuchtquelle überlegen ist. Das Produkt möchte das Werben der Glühwürmchen um
einen Partner als Vorbild nehmen für die Werbeträger in unseren Städten. Leuchtreklame wird anstatt
elektronisch gesteuert, von Mücken geflogen, die mit einem Leuchtgen ausgestatteten werden und
ein spezielles Flugtraining erhalten haben.
Die Instalaltion „the outline of paradise“ entwickelt aus diesem Versprechen eine skulpturale, interaktiven
Soundinstalllation, die schrittweise ermöglicht, Zuckmücken mit Sound zu trainiere und anstatt in kugeligen Schwärmen – in Buchstabenformation zu fliegen. In einem weiteren Schritt
sollen die Implikationen und Folgen der genetischen Modifikation von Chironomus riparius mit einem
Leuchtgen experimentell erforscht und dokumentiert werden.
The outline of pradise thematisiert Versprechen und Folgen von Hochtechnologie am Beispiel eines
fiktiven Produktes. Die Installation konjugiert Erfolge und Scheitern der einzelnen Schritte der Herstellung
und legt dadurch Konstruktionen und Narrative von wissenschaftlichen Methoden offen.

Situation at ACC – a swarm looses its shape

 

Video edited by Thomas Hawranke

Das Video wurde ursprünglich produziert als Bestandteil von super-cell.org, ein Supermarkt der speculative Produkte aus Synthetischer Biology anbietet:

das Produkt

„Sustainable Luminosity“ möchte eine Beleuchtungsmethode für die Stadt schaffen, die nachhaltig
und natürlich ist. Dazu greife ich auf eine natürliche Lichtquelle zu, die die Natur hervorgebracht hat:
einige Tiere, die im Dunkeln leben, haben ihr eigenes Lichtorgan ausgebildet. In der Tiefsee ermöglicht es die Orientierung – in der Nacht hilft es einem Glühwürmchen beim Werben um einen Partner. „Sustainable Luminosity“ möchte diese Anregung der Natur aufnehmen und sich diese Leuchtfähigkeit zunutze machen. Das Produkt schlägt vor, das Werben der Glühwürmchen um einen Partner als Vorbild für die Werbeträger in den Städten zu nehmen. Leuchtreklame wird anstatt elektronisch gesteuert, von Mücken geflogen, die mit einem Leuchtgen ausgestatteten sind und ein spezielles Flugtraining erhalten haben.

Wie sähen unsere Städte aus, wenn die Werbebotschaften der Unternehmen nicht mit Leuchtstoffröhren oder LED‘s, sondern direkt von leuchtenden Mücken produziert würden? Wäre diese natürliche Lichtproduktion nicht auch sinnlich viel ansprechender als die technoide Ästhetik herkömmlicher Werbung? Das Projekt thematisiert die Ästhetik der Alltagskultur, wie sie sich durch ihre Technisierung entwickelt hat. Es setzt der Technologie eine naturnahe, sinnliche Ästhetik entgegen, welche natürlich und nachhaltig sein möchte.

Das Projekt

erfährt seine Umsetzung in skulpturalen Installationen, die jeweils Teilschritte einer Verwirklichung des spekulativen Produkts darstellen. In einzelnen Etappen wird sowohl die Realisierbarkeit des Produkts überprüft als auch sein Impakt auf Organismen, Ökologie und Kultur.
Die Installation benötigt für ihre Verfahren eine temporäre Abgeschlossenheit von der Umwelt und inszeniert also ein kleines „Paradies“, einen Ort, der „jenseits des Walles“ – also jenseits der Wirklichkeit und in den abgeschlossenen Welten der Labore – wo sie Ihre Schönheit zu entwickeln sucht. Welche Interaktionen stellen sich ein, wenn die Produkte der synthetischen Biologie zurückkommen in den Alltag? Dieser Frage geht das Projekt nach und inszeniert schrittweise die Konfrontation eines spekulativen Produkts der synthetischen Biologie mit unserer gewohnten Umgebung.


Vorarbeiten

Mit super-cell.org entstand 2010 der erste online-supermarkt der synthetischen Biologie. Er wurde geschaffen von meinen Studenten als spekulatives Designprojekt innerhalb des iGEM-competition, ein studentischer Wettbewerbs am MIT in Boston. Das Team war eine Kooperation von Studierenden von Prof. Roland Eils, Bioquant/Ruprecht-Karls-University Heidelberg und Mitarbeitern und Studierenden meines Lehrstuhls an der Bauhaus Universität Weimar (siehe link unten).
Im Rahmen von super-cell entwickelte ich das Produkt „sustaibnable luminosity“ als Vorbild für die danach entstandenen Produkte meiner Studierenden. Heute möchte ich – anders als meine Studenten – als Künstlerin meine Werke nicht nur virtuell erfahren – deshalb habe ich nun begonnen, Mücken, deren Larven mir vom Senckenberg-Institut zur Verfügung gestellt werden, zu züchten, um in einer Soundfeedbackinstallation sie zu trainieren, so dass ihre Schwärme in Formationen fliegen. Die Installation soll an den materiellen und installativen Gegebenheiten formal untersuchen, welche Interaktionen im Alltag entstehen, wenn Phantasien
wirklich werden.
http://www.uni-weimar.de/medien/wiki/GMU:Synthetic_Biology


die Installationskonzeption
In einer soundisolierten Box werden Mücken in einem Aquarium gezüchtet und und überwacht. Im Sand und Wasser schwimmen Mückeneier und -Larven. Sie werden belüftet und mit reichlich künstlichem Licht versorgt. Das Aquarium ist überspannt von Mückengaze, damit die Mücken, wenn sie schlüpfen, nicht entkommen können. Dieser Käfig ist der Ort, wo die Mücken schwärmen. Die Wahl der Mücken (Chironomus Riparius) ermöglicht die Zucht in Gefangenschaft, and die sich dieser Laborstamm mittlerweile angepasst hat.

Wie können Mücken trainiert werden? Wie kann man das Verhalten von Mücken beeinflussen?
Wie kann man Zuckmücken Buchstaben beibringen? Wie kann man sie das Alphabet lehren?
Um sich für den Paarungsakt zu finden, orientieren sich Mücken an den Frequenzen der Flügenschläge des anderen Geschlechts.

Diese Eigenschaft machen wir uns zu Nutze, um Mücken in ihrem Schwarmverhalten zu beeinflussen. Das empfindliche „Reizfenster“ der Chironomiden liegt bei Tonfrequenzen ± 50 Hz ihrer eigenen Flügelschlags. Ein vereinfachtes LED-Schrift Alphabet ist die erste Etappe im Lernprozess der Mücken. Im Aquarium hängt ein Microphon und eine Matrix mit Lautsprechern, welche dazu dient, die Mücken mit Flügelschlagsound und wahlweise komplexeren Klängen zu beschallen und ihr Verhalten durch die simulierte Anwesenheit von Artgenossen kennenzulernen und zu steuern.

Trainingsstation für Mücken, Selektion
Produktion, Kontrolle
Soundtraining for midges

project description_.pdf